08.2016
Zur Blutentnahme im medizinischen Zentrum begleitet mich heute Anastasia, eine Kollegin von Marina, da diese heute touristisch verplant ist. Anastasia ist erst 18 Jahre alt, spricht phantastisch deutsch und ist bereits Reiseführerin! Schon am Abend habe ich per email das Ergebnis von Anastasia: alles soweit ok.
Unsere heutige Tagesetappe beträgt 460 km. Wir stellen fest, dass in den letzten 4 Wochen die Natur förmlich explodiert ist. Der Mais, der auf unserer Fahrt gen Osten noch ganz klein war, steht jetzt mannshoch auf den Feldern und riesige Getreidefelder wiegen sich goldgelb im Wind. In Scheberta beziehen wir neben einer alten Schule Quartier.
Tages KM: 462 | GPS Nord: 54°38'29 | GPS Ost: 99°53'10
04.08.2016
Auf unserer Fahrt gen Westen überholen wir 2 Fackelläufer, die aussehen, als würden sie das olympische Feuer transportieren. Es sind Läufer des asiatisch - pazifischen Friedenslaufes, an dem ganz viele Länder, u.a. auch Deuschland, teilnehmen!
Unsere Mittagspause machen wir in Yurti, weil wir uns hier ja auskennen und auch gleich Wasser tanken können. Doch wie hat sich unser "Fliederdorf" verändert. Als wir auf dem Hinweg hier übernachteten waren wir von dem sonnendurchfluteten Dorf verzaubert. Doch heute ist der Himmel grau und der Regen der vergangenen Tage hat die Dorfstraßen in Matsch- und Schlammwege mit riesigen Wasserlöchern verwandelt und der ganze Zauber ist hin und wir können erahnen, wie ungemütlich es hier die meiste Zeit des Jahres ist.
Am Wegesrand werden heute so allerlei Köstlichkeiten angeboten: Honig, junge Kartoffeln, knackige Blaubeeren und Pfifferlinge! Alles frisch und von guter Qualität und unglaublich billig und wir decken uns reichlich ein und fabrizieren ein köstliches Abendessen! Dann dürfen wir auch noch die Uhr wieder eine Stunde zurückstellen, das heißt: Morgen eine Stunde länger schlafen.
Als ich von meinem Abendspaziergang zurückkomme, hat sich zu unseren Mobilen noch ein Mobil aus Frankreich gesellt. Der alleinreisende Mann ist mit einem nicht mehr jungen "normalen" Womo auf dem Weg in die Mongolei und hat ganz abenteuerliche Pläne, u.a. den Pamir Highway. Wir sind gespannt, ob er seine Traumziele erreichen kann.
Tages KM: 422 | GPS Nord: 56°00'44 | GPS Ost: 95°30'08
05.08.2016
Schon gegen Mittag erreichen wir den angepeilten Platz bei Divnogorsk - direkt am Ufer des Jenissei, der mit 7 ° leider viieel zu kalt zum baden ist! Wir befreien unsere Womos vom Schlamm der letzten Regentage, Peter wechselt mir eine Glühbirne am Womo und schafft es außerdem, meinen beschädigten UV-Filter ( er war von einem Sturz eingedellt) vom Fotoapparat zu entfernen!! Was bin ich froh, dass ich meine Spiegelreflexkamera weiter benutzen kann!! Unter dem UV-Filter hatte sich durch das Regenwetter der letzten Tage Feuchtigkeit festgesetzt und die Fotos waren so nicht mehr zu gebrauchen.
Tages KM: 242 | GPS Nord: 55°57'38" | GPS Ost: 92°19'44"
06.08.2016
Wir machen eine Wanderung zum Krasnojarsker Schiffshebewerk, das das einzige Schiffshebewerk Russlands und bis zur Fertigstellung jenes am Drei-Schluchten-Staudamm das größte der Welt war. Doch es ist nur noch selten in Betrieb. Im Jahr 1991 wurden noch 611 Schiffe transportiert, dann ging die Binnenschifffahrt stark zurück und seit 1998 ist die Anlage nur noch jeweils vom 3. September bis 3. Oktober in Betrieb. Im Jahre 2000 wurden nur noch 78 Schiffe transportiert. Hauptsächlich werden kurz vor der Winterpause landwirtschaftliche Produkte aus dem Süden der Region und Chakassien in die nördlichen Gebiete verschifft.
Durch den Bau der Staumauer (Sie ist auf der Zehn-Rubel-Note abgebildet) wurde der Jenissei auf einer Länge von 388 km aufgestaut und gehört zu den größten Stauseen der Welt! Beim Aufstauen des Sees in den Jahren 1967 bis 1970 wurden 120.000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche und 13.750 Häuser in zahlreichen Ortschaften überflutet.
07.08.2016
Unser Tagesziel für heute lautet Mariinsk. Mariinsk ist eine Kleinstadt mit ca. 40.000 Einwohnern und hat viele schöne, leider etwas verkommene Holzhäuser und viele Holzfiguren, die das Städtchen schmücken. Wir parken unsere Mobile bei einem Freizeitpark und machen - bei 32 ° - einen ausgiebigen Spaziergang durch die Stadt. Am Abend erleben wir ein heftiges Unwetter mit Gewitter und riesigen Hagelkörnern, die nur so aufs Wohnmobil prasseln.
08.08.2016
Heute trennen sich die Wege unserer kleinen Gruppe. Monika, Peter und ich nehmen die Route nach Süden, Richtung Altai-Gebirge. Rosemarie und Harald reisen auf eigenen Wegen weiter.
Es regnet, giesst und schüttet den ganzen Tag und der Himmel ist nebelgrau und wolkenverhangen. Er passt zu unserer Stimmung. Knapp 500 km legen wir heute zurück durch landwirtschaftlich genutzte Gebiete mit erntereifen Kornfeldern und durch wunderschöne bewaldete Hügellandschaft und enden im "Dorf am Ende" - Poslednikowo. Tages KM: 488 | GPS Nord: 53°11'33 | GPS Ost: 86°33'41
09.08.2016
Wieder haben wir einen langen Fahrtag. Und wieder öffnet der Himmel seine Schleusen - den ganzen Tag lang. Die Temperatur ist auf 12 ° gefallen. Unter dem grauen Himmel ziehen die Regenwolken entlang.
Bis Biysk sind die Straßen teilweise schlecht, doch die M 52 ab Biysk hat Autobahncharakter und die Straße bleibt phantastisch bis ins Altai Gebirge. Der Altai ist ein bis zu 4506 m hohes mittelasiatisches Hochgebirge im Grenzgebiet von Kasachstan, Russland, der Mongolei und China. Wir durchfahren wunderschöne hügelige, mit Tannen bestandene Landschaft, sie erinnert mich an den Schwarzwald, und überqueren dabei einen Pass in 1700 m Höhe. In Tuyekta stellen wir unsere Mobile neben einem kleinen Flüsschen auf einem Feldweg ab und verbringen hier die Nacht.
Tages KM: 430 | GPS Nord: 50°50'40" | GPS Ost: 85°51'43"
10.08.2016
Wir fahren auf der alten Seidenstraßenroute, einem der Wege des Seidenstraßengeflechts. Immer tiefer dringen wir ins Altai-Gebirge ein. Heute lichten sich die dunklen Wolken und die blauen Flecken am Himmel werden immer größer und die Landschaft immer berauschender. Die Berge sind von sanft grünen Matten bedeckt und ich bin entzückt die Farben grün der Mongolei wiederzufinden. Dabei sind die Berge schroffer und auf den Bergspitzen sehen wir Gletscher und Schneefelder. Wie auch in der Mongolei laufen Pferde und Kühe vollkommen frei in der Landschaft herum.
Wir machen Stop an einem Aussichtspunkt mit Felsmalereien. Eine Dame erklärt uns auf englisch die Bedeutung des Ortes. Hierher kommen Frauen mit einem Kinderwunsch. Sie legen sich auf den Felsen und berühren die Zeichnungen, die aus der Bronzezeit stammen. Dann lassen sie etwas von sich da, z.B. ein kleines Schmuckstück, einen Kamm oder Geld und in ein paar Jahren kommen sie wieder und bedanken sich.
Ein paar Kilometer weiter besichtigen wir eine Stele, die auf einer weiten Wiese steht und an den Felswänden dahinter finden wir weitere Wandmalereien.
An unserem Übernachtungsplatz bei Kuray fühlen wir uns wie im Paradies. Ein schöner Wiesenplatz etwas abseits der Straße, durch die Wiese fließt ein kleiner Fluß mit kristallklarem Wasser, mehrere große sibirische Lärchen spenden Schatten und Sichtschutz und die schneebedeckten Berge begrenzen den Horizont. Die Sonne scheint, wir nutzen das reichliche Wasser und waschen den Schlamm von unseren Mobilen und dann holen wir unsere Stühle raus und geniessen die Wärme. Monika fabriziert eine Kartoffelsuppe, die wir mit frischen Pfifferlingen, kleinen Würstchen und hausgemachten Croutons verspeisen. Vor unseren Mobilen ist eine kleine Feuerstelle aufgebaut und den Abend lassen wir mit einem Lagerfeuer ausklingen. Tages KM: 221 | GPS Nord: 50°14'49" | GPS Ost: 87°58'42"
11.08.2016
Wir befinden uns auf einer Höhe von 1.500 m. Als ich heute morgen um 8.00 Uhr aufwache, beträgt die Außentemperatur 1°+. Drinnen sind es 4,5°. Ich stelle die Heizung an und setze mir einen Kessel Waschwasser auf. Doch kaum kommt die Sonne über die Berge, erwärmt es sich blitzschnell. Zwischen den sibirischen Lärchen spannen wir unsere Wäscheleinen und dann ist große Wäsche angesagt. Die trocknet in Sonne und Wind phantastisch.
Peter baut mein Küchenfenster aus, weil sich das Rollo seit Tagen nicht mehr runterfahren lässt. Wir stellen fest, dass im Inneren des Fensters Feuchtigkeit ist. Ich drehe den ganzen Tag das Womo in die Sonne und versuche das Fenster zu trocknen. Auch mein Schlafzimmerfenster zieht Feuchtigkeit. Viel Feuchtigkeit! Ich habe es vor ein paar Tagen getaped und hoffe nun, dass es nun einigermaßen dicht hält.
Da ich wegen des offenen Fensters beim Womo bleiben muss, verbinge ich den Tag mit lesen und relaxen. Am Abend holt Peter den Grill raus und wir fabrizieren russische Mais-Wurst-Zuchini Spieße.
Ich bin um 23:30 Uhr schon im Tiefschlaf, als mein Telefon klingelt. Birte hat ein neues Web-Passwort für mich besorgt, weil Web.de wegen Auffälligkeiten ?? mein Postfach gesperrt hat. Danke!!!
12.08.2016
Am Vormittag machen wir eine Wanderung querfeldein über das Steppengelände in den nächstgelegenen Ort Kuray. Der Ort wirkt gepflegt, die Häuser sind schmucklos, aber gut in Schuss. Beim Magazin kaufen wir ein Brot (26 Cent) und ein Glas Borsch ein. In einem weiten Bogen machen wir uns wieder auf den Heimweg und streifen dabei den Friedhof des Ortes. Jedes Grab ist einzeln eingezäunt und auf den Gräbern liegen große Steinhügel. Wir vermuten, dass die Toten nicht in sondern auf der Erde bestattet werden. Uns fällt auf, dass die Menschen hier relativ jung sterben, die meisten werden nicht älter als Mitte 50.
Nach einer Mittagspause beschliessen wir weiterzufahren, das heißt, die Straße wieder zurückzufahren, die wir gekommen sind. Würden wir weiter gen Osten fahren , wären wir nach gut 100 km wieder in der Mongolei.
Wieder geniesse ich die Fahrt durch diese traumhaft schöne Landschaft. Oft begleitet der Fluss Katun den Straßenverlauf, er ist einer der beiden Quellflüsse des Ob. Die Gegend hier ist gemäßigt touristisch, es werden Rafting-Touren angeboten und wir können einige Boote auf dem Fluss beobachten.
Gegen Abend biegen wir auf einen Feldweg ab und finden einen wunderschönen Grasplatz hoch über dem Katun. Tages KM: 154 | GPS Nord: 50°36'19" | GPS Ost: 86°30'20"
13.08.2016
Um 8:30 geht die Fahrt durch das Altai Gebirge weiter Richtung Kasachstan. Als wir aus dem Gebirge herauskommen, finden wir üppige Gärten vor. Es ist Erntezeit und die Produkte der Gärten - Tomaten, Gurken - lecker!! - Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, selbst geimkerter Honig, eigenes Sonnenblumenöl werden angeboten und wir decken uns reichlich ein.
Bevor wir den Ort Biysk erreichen, machen wir einen Stopp an einem Schamanengarten. Es ist ein wunderschön angelegtes Gelände mit vielen Steinwegen und üppigen Blumenrabatten. Als wir ankommen, findet gerade ein schamanisches Ritual statt und wir stellen uns mit in den von großen geschnitzten Holzfiguren umgebenen Steinkreis. Anschliessend werden wir auf dem gesamten Gelände herumgeführt. Der Schamane Artjam und seine Frau haben viele der Kunstwerke selbst gestaltet. Wir sind sehr beeindruckt. Als wir das Gästebuch durchblättern, fällt uns ein Foto von Marianne und Uli entgegen, die hier vor einigen Tagen waren. Das Schamanenpaar kann sich gut an die beiden erinnern.
Wir besichtigen auch noch den 100 m entfernten Skulpturenpark, der von verschiedenen jungen Künstlern gestaltet wurde. Er wurde von der Regierung in Auftrag gegeben, um die Attraktivität der Gegend für den Tourismus zu steigern, doch leider sind viele Gelder durch Korruption versickert.
Wir beschliessen, den Rest des Tages und die Nacht gleich hier zu verbringen und parken direkt vor dem Schamanengarten.
14.08.2016
Wie Artjom, der Schamane, uns gestern geraten hat, laufen Monika und ich am Morgen, bevor wir starten, einmal den Steinkreis im Schamanengarten im Uhrzeigersinn ab. Nun steht einer glücklichen Weiterreise nichts mehr im Weg.
Über 500 km legen wir heute zurück und nähern uns Kasachstan mit Riesenschritten. Die Straßen sind zum großen Teil phantastisch. Die Landschaft ist von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung geprägt. Riesige Getreidefelder, weißblühende Buchweizenäcker und Sonnenblumenanpflanzungen bis zum Horizont begleiten uns auf unserem Weg. Um die Versorgung der russischen Bevölkerung mit Sonnenblumenöl mache ich mir nun keine Sorgen mehr.
Im letzten Dorf vor der Grenze zu Kasachstan machen wir für heute Schluss. In einem Versicherungsbüro schliessen wir die obligatorische Kfz-Versicherung für Kasachstan ab ( 1 Monat für 32 Euro), obwohl wir natürlich auch eine deutsche Kfz-Versicherung haben, die Kasachstan mit einschliesst. Neben dem Friedhof des Ortes finden wir einen ruhigen Nachtplatz. Bei Mondlicht streifen Monika und ich noch über den Friedhof und schauen uns die liebevoll gestalteten Grabstellen an.
Tages KM: 548 | GPS Nord: 50°59'49" | GPS Ost: 81°59'51"